Kandidatenliste darf nicht Geheimpolitik sein
Außensicht
von G Dietmar Rode
Auf der Webseite der LINKEN.Landkreis Meißen wird über das Ergebnis der Kandidatenaufstellung vom vorangehenden Sonnabend berichtet. Unter der Überschrift "Guter Generationen-Mix bei der Linken" können wir die lächelnden Kandidaten für die Kreistagswahl sehen. Einige werden auch namentlich erwähnt. Alle Achtung für ihre Bereitschaft und ihr anspruchsvolles politisches Vorhaben!
So wie mir dürfte wohl den wenigsten der junge Mann mit dem dunklen Bart aufgefallen sein (3. von links) - ein Neuer. Normalerweise stellen sich die Bewerber auf einer solchen Wahlversammlung vor, nennen ihren Namen und ihre Situation, begründen ihre Kandidatur und stellen ihre politische Position dar. Das erfolgte jedoch in diesem Fall offenbar nicht aussagefähig genug. Niemand hatte deshalb Anlass, näher zu fragen oder gar zu diskutieren. In den veröffentlichten Ergebnislisten der Webseite taucht er nicht auf.
Inzwischen weiß der Leser der Sächsischen Zeitung mehr (09./10.03.2019, Ausgabe Meißen, S. 12). Er heißt Manuel Matzke, ist seit 2014 Gefangener in der JVA Zeithain, und erregte das Interesse der Medien u.a. durch seine mögliche Beteiligung an einer Protestveranstaltung in Riesa und durch seine Kritik an einer RTL-Sendung aus der Justizverwahranstalt als Sprecher der Gefangenengewerkschaft. So weit, so gut.
Aber zweifelsohne ist das ein besonderer, klärungsbedürftiger Fall. Auch ein Strafgefangener kann natürlich seine staatsbürgerlichen Rechte wahrnehmen, z.B. also wählen und selbst gewählt werden. Und auch nach einem schwerwiegenden Gerichtsurteil (5 Jahre wegen Wirtschaftsbetruges) muss jeder Mensch eine erneute Chance in der Gesellschaft bekommen. Aber darüber muss doch auch innerhalb einer Partei gesprochen werden, vor allem, wenn es um ein politisches Mandat geht. Die Mitglieder des entsendenden Kreisverbandes müssen völlige Klarheit haben, um bewusst hinter ihrem Kandidaten stehen zu können. Nun werden manche vielleicht sehr überrascht sein.
Kreisvorsitzende Uta Knebel hat offenbar die Vorgespräche mit ihm geführt. In der "Sächsischen" sah man sie vor 4 Tagen unter der Überschrift "Häftling will Stadtrat werden" auf einem Foto gemeinsam mit ihm beim Kaffee. Warum gab es vorab keine Transparenz dazu. Warum blieben die Genossinnen und Genossen am 02. März in Meißen offenbar so unzureichend informiert, dass es weder eine begründende, noch eine ablehnende Diskussion gab? War das so die Absicht von Uta Knebel? Scheut sie die öffentliche Diskussion oder sieht sie sich in der Rolle einer Alleinentscheiderin? Glaubt sie, sich eine unbequeme Debatte zu ersparen, indem sie die Basis außen vor lässt. Dieses Verhalten steht weder ihr selbst zu, noch steht es der LINKEN zu Gesicht.
G. Dietmar Rode
Blogger, Radebeul