Radebeul - Rosa-Luxemburg-Platz, 27. Januar 2022
Es wurden keine großen Reden gehalten, wie das manchmal so üblich ist. Es herrschte andachtsvolle Ruhe, die nur durch die Rezitationen der Schüler des Gymnasiums Luisenstift unterbrochen wurde. Sie lasen Passagen aus dem Tagebuch von Henny Brenner, die als junge Frau und "Halb-Jüdin" den rassistischen Terror der Nazis in Dresden erleben musste. (vgl. Sächsische Zeitung, Ausgabe Radebeul, S.16). Sie musste ab 1941 - 1945 in einem Rüstungsbetrieb Zwangsarbeit leisten, ähnlich wie der Sprachwissenschaft und Romanist Victor Klemperer unter diesem perversen Regime. Öffentliche Ächtung und Erniedrigung, soziale Isolation, Hunger und ständige Angst um das eigene Leben und das der Familie waren für sie Kennzeichen dieser Zeit, wie aus dem Tagebuch von Henny "Das Lied ist aus" zu erfahren ist.Das ist noch heute so erschreckend aktuell, denn "...die Sprache des Dritten Reichs scheint in manchen charakteristischen Ausdrücken überleben zu sollen; sie haben sich so tief eingefressen, dass sie ein dauernder Besitz der deutschen Sprache zu werden scheinen." (Klemperer, S. 23). Im gegenwärtigen Sprachgebrauch treffen wir immer noch Ausdrücke wie "Juden" (als schlimmes Schimpfwort) oder "Internationales Judentum" (als Ausdruck der Schuldzuweisung) an, gepaart mit "Volkstod", "Umvolkung", "Messereinwanderung" oder "Ausländergewalt". Besonders fies ist es, wenn im Zusammenhang mit Protesten gegen den Corona-Schutz der als Antisemitismussymbol genutzte David-Stern heute erneut umgedeutet und missbraucht wird.
Wir dürfen die hässlichen Seiten deutscher Geschichte nicht vergessen, denn ihre Sporen können immer noch gefährliche Giftpilzgeflechte aufkeimen lassen.
Erfreulich ist, dass die geschätzte Zahl der Teilnehmer an dieser Veranstaltung wohl größer als im vergangenen Jahr war. Auch eine kleine Gruppe der LINKEN.Radebeul war gekommen.
G. Dietmar Rode, Blogger
Fotos: Rode